Young-Ja Zimmermann ist in ihren Arbeiten damit befaßt, das poetische Potential des Natur-Ornaments im Sinne des untenstehenden Ernst-Bloch-Zitats freizulegen. Sie komponiert zuvor gesammelte konkrete Fragmente in kollagenförmigen Arrangements oder läßt sich von konkret aufgefundenen Objekten inspirieren, um charakteristische Formen abzubilden, dabei zumeist gemischte Techniken, vor allem Acryl, auf Leinwand und Karton, anwendend.
In diesem Sinne werden die Fragmente, wie Bloch schon sagte, „Realchiffern“, die mit dem Utopischen in der Natur aufgeladen sind, also mit dem, was noch nicht hervorgekommen ist, aber hervorscheint, und was individuell empfunden werden kann, wenn man die Impressionen, welche die Fragmente assoziieren, einsinken läßt.
Weil aber der Mensch selbst wesentlich Naturprodukt ist, bedeutet seine erfolgreiche Verständigung mit dem in der Natur Angelegten zugleich noch mehr: nämlich eine gelingende Verständigung der Natur mit sich selbst. Das Kunstwerk wird somit zu einem Ausdrucksmittel dieser Selbstverständigung.
Wenn sie wirklich gelingt, ist sie imstande, jene Mängel zu überwinden, die das menschliche Leben permanent belasten – deshalb der utopische Charakter der Arbeiten, die darauf ausgehen, europäische und ostasiatische Sichtweisen von der Natur zusammenzubringen. Jene Hoffnung auf das Gelingen gilt es zu bewahren, ganz im Sinne Friedrich Hölderlins, der in seinem Patmos-Gedicht formuliert:
„Wo aber Gefahr ist, wächst / das Rettende auch.“ Das Ornament im übertragenen Sinn …ist in künstlerischer Darstellung… alle [Natur-] Gestalten deutend, weiterdeutend, fortdeutend, [diese] sind… Realchiffern, ein objekthaftes Schweben in Formen, zuletzt ein objekthaftes Utopie – Sein in versuchter Gelungenheit.
(Ernst Bloch: Experimentum Mundi, S. 219)